Das Projekt catch4climate

 

Im Klimaschutz steht an erster Stelle die Vermeidung von Kohlendioxid (CO2). Da bei der Entsäuerung von Kalkstein – dem wichtigsten Rohstoff für das Bindemittel Zement – immer Kohlendioxid freigesetzt wird, ist langfristig eine klimaneutrale Zementherstellung nur möglich, wenn es gelingt, das CO2 einzufangen und als Rohstoff einzusetzen oder zu lagern.

Die vier europäischen Zementhersteller Buzzi SpA - Dyckerhoff GmbH, Heidelberg Materials AG, SCHWENK Zement GmbH und Co. KG und Vicat S.A. haben sich hierfür 2019 in der Forschungsgesellschaft CI4C GmbH & Co. KG zusammengeschlossen, um gemeinsam das CO2-Abscheide-Projekt „catch4climate“ neben dem Zementwerk in Mergelstetten zu realisieren. Die Anlage, für deren Errichtung und Betrieb über 120 Millionen Euro investiert werden, nutzt erstmals das sogenannte Pure-Oxyfuel-Verfahren zur CO2-Abscheidung. Gebaut wird dafür eine eigene Drehofenlinie mit einer Klinker-Produktionskapazität von 450 Tagestonnen, die ausschließlich der Forschung und Entwicklung dient.

 
 

Kontakte

Dyckerhoff GmbH
Katja Gärtner
katja.gaertner@dyckerhoff.com

SCHWENK Zement GmbH & Co. KG
Laura Schleicher
laura.schleicher@schwenk.com

Heidelberg Materials AG
Elke Schönig
elke.schoenig@heidelbergmaterials.com

VICAT
Raphael Hinninger
raphael.hinninger@vicat.fr

 

Das Pure Oxyfuel Verfahren

Circa zwei Drittel der gesamten emittierten CO2 -Fracht der Zementindustrie wird durch die Kalzination von Kalziumkarbonat (CaCO3 --> CaO + CO2 ) als rohstoffbedingte CO2 -Emissionen freigesetzt. Das übrige Drittel der CO2 -Emissionen wird durch die Bereitstellung der zur Kalzination und zum Brennen des Zementklinkers erforderlichen thermischen Energie im Rahmen des Verbrennungsprozesses freigesetzt. Während die brennstoffbedingten CO2-Emissionen in den letzten Jahren durch den Einsatz von Sekundärbrennstoffen mit hohen biogenen Anteilen reduziert werden konnten, sind vor allem die rohstoffbedingten CO2-Emissionen unvermeidbar. Dies ist der mineralogisch erforderlichen Umwandlung von CaCO3 in CaO (und CO2) geschuldet.

Im konventionellen Zementherstellungsprozess wird der für die Umsetzung der Brennstoffe benötigte Sauerstoff über die zugeführte Umgebungsluft bereitgestellt. Da die Umgebungsluft 21% Sauerstoff enthält, muss ein entsprechend großer Gasvolumenstrom durch die Anlage geleitet werden.

Das Abgas eines konventionellen Ofens besteht daher zu max. 25% aus CO2.

Das in Mergelstetten eingesetzte Pure-Oxyfuel-Verfahren (aus Oxy für Oxygen = Sauerstoff und fuel = Brennstoff), welches von der Firma thyssenkrupp Polysius konzipiert wurde, ist ein Klinkerbrennverfahren, bei dem anstelle von Luft reiner Sauerstoff in den Ofen eingebracht wird, um die Wärmeerzeugung unter Ausschluss von Luftstickstoff durch Verbrennung von Primär- und Alternativbrennstoffen zu gewährleisten. Auf diese Weise wird im Ofen der CO2-Anteil im Abgas auf ca. 90 Prozent erhöht und damit das CO2-Abscheidungsspotenzial erheblich vergrößert. Ziel ist es, 100 Prozent der CO2-Emissionen eines Zementwerks kosteneffizient abzuscheiden. Das Projekt soll zudem die Voraussetzungen für einen großflächigen Einsatz von CO2-Capture-Technologien in der Zementindustrie schaffen. Die Abscheidung ermöglicht eine spätere Nutzung oder Lagerung des CO2 (CCU, CCS).

Was ist CCU?

CCU (Carbon Capture and Utilization - Kohlenstoffabscheidung und -nutzung: Hier wird das CO2 abgeschieden und anschließend als Grund- oder Rohstoff wieder für die Herstellung eines neuen Produkts genutzt. Beispiele sind der Einsatz von CO2 für die Lebensmittelindustrie (z.B. als Kohlensäure in Getränken) oder Dünger, für synthetische Kraftstoffe oder für die Dekarbonisierung von Recyclingbeton.

Was ist CCS?
Unter CCS (Carbon Capture and Storage) versteht man die dauerhafte und sichere Speicherung von abgeschiedenem CO2 in geeigneten geologischen Formationen. Beispielsweise in den leeren Öl- und Gasfeldern unter der Nordsee.


 

Die Anlagentechnik

Sauerstoffversorgung
Der für den Betrieb des Oxyfuel Ofens erforderliche Sauerstoff wird in tiefkaltem (-183°C) und flüssigem Zustand durch etablierte Gaslieferanten angeliefert. Die Nutzung von flüssigem Sauerstoff führt zu einem reduzierten Transport- und Lagervolumen vor Ort. Auf dem Betriebsgelände werden rund 300 – 400 t flüssiger Sauerstoff in sechs gleichgroßen, für diesen Zweck zugelassenen Lagertanks bevorratet.
Über einen Warmwasserbadverdampfer wird dem Oxyfuel Prozess gasförmiger Sauerstoff zur Verfügung gestellt. Zum energieeffizienten Betrieb des Warmwasserbadverdampfers wird Wärme aus dem Ofensystem ausgekoppelt. Über ein geschlossenes Rohrleitungssystem wird dann der gasförmige Sauerstoff anschließend gezielt dem Ofensystem zugeführt.
 

CPU Anlage – Vom aufkonzentrierten/gasförmigen CO2 zum flüssigen Produkt

Im ersten Schritt wird in der CO2-Aufbereitungs-Anlage (CPU = CO2 Purification Unit) Zementofenabgas in einem Gaswäscher gereinigt. Durch die Verdichtung und Zwischenkühlung wird das Rohgas als Niederdruck Inertgas aufbereitet. Ein Teil des Inertgases wird hauptsächlich für den Brennstofftransport in das Ofensystem genutzt. Das verbleibende Gas wird daraufhin in die nachfolgende Verdichtungs- und Trockenstufe geleitet. Nach weiterer Verdichtung werden teils, nur spurenhaft vorhandene Gaskomponenten entfernt.

Ein Teil dieses aufbereiteten Gases wird als Hochdruck Inertgas wieder der Ofenanlage zugeführt und dort z.B. für die Abreinigung von Filtern und des Vorwärmers mit Luftstoßgeräten verwendet. Der übrige Gasstrom wird der CO2 Verflüssigungsstufe zugeführt, in der das CO2 durch partielle Kondensation und Destillation verflüssigt wird und zur weiteren Lagerung in Tanks geleitet wird. Die für die Verflüssigung erforderliche Kälteleistung wird durch einen geschlossenen zweistufigen Ammoniak-Kältekreislauf bereitgestellt.

 

Anlagensicherheit

Die 12. BImSchV – Schutz von Mensch und Umwelt

Die Störfallverordnung ist die zwölfte Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Die Verordnung regelt den Schutz von Mensch und Umwelt vor den Folgen von plötzlich auftretenden Störungen technischer Anlagen, verbunden mit dem Austritt gefährlicher Stoffe, also Gefahrenstoffe, bei denen es sich um in der 12. BImSchV aufgeführte Stoffe bzw. Stoffkategorien handelt. Sie gilt für alle Betriebsbereiche (z.B. Produktionsanlagen, Lager), in denen gefährliche Stoffe oberhalb einer sog. Mengenschwelle vorhanden sind.

Die Betreiber der betroffenen Betriebsbereiche sind dadurch verpflichtet, besondere Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, um Störfälle von vornherein zu vermeiden, jegliches Gefahrenpotential sofort zu erkennen und entsprechend zu handeln. So werden Auswirkungen auf Mensch und Umwelt so weit wie möglich minimiert.

Wieso fällt diese Anlage unter die 12. BImSchV?

In der Oxyfuel-Anlage bestehen vergleichbar mit anderen Zementofenanlagen Brand- und Explosionsrisiken sowie stoffliche Risiken durch die vorhandenen Gefahrstoffe, bei denen es sich teilweise um in der 12. BImSchV (Störfall-Verordnung) aufgeführte Stoffe bzw. Stoffkategorien handelt. Lediglich aufgrund der geplanten Lagermenge von Sauerstoff fällt die Anlage in den Geltungsbereich der 12. BImSchV. Da die Anlage in diesen Geltungsbereich fällt, werden auch andere störfallrelevante Stoffe (Ammoniak, Heizöl) mitbetrachtet.

Die Schutzmaßnahmen

Der Vorhabenträger CI4C hat das Fachbüro INGUS-Dr. Reiling beauftragt, im Rahmen des Genehmigungsverfahrens diese Risikoaspekte in speziellen Fachgutachten zu betrachten und die Schutzmaßnahmen darzustellen.
 

Titelbild: Conné van d´Grachten

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